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Zwischen den Stühlen – mit klarem Kurs

Hannover E-Damm
Foto Quelle: wikipedia.org 

Dies ist ein Gastbeitrag unseres Mitglieds Patrick Krawczyk, der nicht zwangsläufig die Haltung der Piratenpartei im Regionsverband Hannover widergibt.

 
Der Engelbosteler Damm ist – auf Grund eines tödlichen Unfalls im Dezember 2017 [1] in die politische Diskussion gerückt. Während die Grünen die Entlastung der Straße vom motorisierten Verkehr wollen [2] wurde die Diskussion über eine Fußgängenerzone angestoßen [3]
Noch weiter geht die Initiative “PlatzDa ist hannovercyclechic” und fordert von den ortsansässigen Politikern, die Autos komplett aus dem Stadtbild zu entfernen. [4]
 
Gleich vorweg: Es ist klasse, wenn gleich mehrere Parteien sich mit einem Thema beschäftigen – denn nur dann kommt es voran.
 
Nun kenne ich den E-Damm – wie wir ihn im Stadtteil nennen – schon seit meiner Kindheit.  Sei es als kleiner Junge bei den sonntäglichen Spaziergängen – die ab und an durch ein Eis von EIS 2000 gekrönt wurden, oder aus Teenagerzeiten, als ich auf dem Weg zur Schule oder zu Freunden daran vorbei gelaufen bin. Meine erste Praktikumsstelle war auf dem E-Damm und seit 4 Jahren wohne ich auch dort – ich kenne mich dort also ein wenig aus und weiß um den Konkurrenzkampf auf Platz, Vorfahrt usw. der einzelnen Verkehrsteilnehmer
 
Wie also gehen wir das Problem an?
Wir leben in Hannover, der Stadt mit der höchsten Lebensqualität. [5] Das lockt Menschen aus dem Umland und aus anderen Städten natürlich an. Hannover ist auch eine Stadt für Studenten mit unseren vielenHochschulen und Universitäten. Und nicht nur die Studenten schätzen die grünen Flächen mitten in der Stadt, zum Beispiel die Herrenhäuser Gärten oder den Georgengarten, Maschpark oder Maschsee, die Eilenriede oder die Leineufer. 
Wir müssen also die goldene Mitte finden, in der wir viele Menschen auf kleiner Flächen unterbringen, aber den Spagat zum Erhalt der Grünflächen und Plätze, aber auch sozialgerechte, günstige und dennoch moderne Wohnungen schaffen. Und dabei die Mobilität nicht zu vergessen – Menschen möchten von A nach B und das auf den unterschiedlichsten Wegen, auf unterschiedliche Art und Weise. Viele Interessen – viele Meinungen.
 
Ich bin PIRAT, also höre ich mir erst einmal alle Sichtweisen, Probleme, Lösungsvorschläge und Ideen an und stelle sie zur Diskussion. Grundsätzlich jedoch dürfen wir nicht so naiv sein und das Problem zu lösen versuchen, indem wir eine Gruppe bevorzugen – also eine andere Gruppen benachteiligen. Ganz platt gesagt: wir können langjährigen Bewohnern nicht die Möglichkeit der Mobilität nehmen, z.B wenn diesen durch körperliche Einschränkungen nur das Auto als Fortbewegungsmittel möglich ist. Andererseits könnten dann aber zum Beispiel Familien oder die Studenten auf freien Plätzen ihre Freizeit genießen. Oder sollen Familien mit Kleinkindern ihre PKWs 5-10 Minuten entfernt parken, weil Senioren einen neuen Platz zum Verweilen brauchen und die anliegenden Hausbewohner sich nach weniger Schadstoffbelastung vor ihren Fenstern sehnen? Und was sagen die Fußgänger und Fahrradfahrer überhaupt dazu? Haben sie genug Platz und welche Möglichkeiten ergeben sich noch für öffentliche Verkehrsmittel?
 
Sicher, die Ziele des Masterplans Mobilität 2025 [6] gibt den Weg vor, auf dem gegangen werden soll. Angestrebt ist, dass jeweils 25% der Wege mit ÖPNV und Fahrrad zurückgelegt werden. Zum Zeitpunkt der Erstellung lagen diese Werte bei 17% bzw. 13%. Hier ist also noch Erweiterungsbedarf. Allerdings sind diese Berechnungen aus dem Zeitraum 2008 bis 2010. Jetzt, zehn Jahre später, könnten sie schon ganz anders aussehen. Generell ist zu fragen, ob hier nicht eine grundlegende Überarbeitung angesagt wäre.
 
Lösungen statt Verbote
Grundsätzlich gilt: Wo Menschen auf engem Raum zusammen leben, darf man nicht anfangen, sie gegeneinander anhand ihren Interessen auszuspielen! Wenn wir etwas verändern wollen, brauchen wir plausible Argumente und Alternativen. Einfach nur verbieten machen andere Parteien schon genug – wir dagegen suchen nach verträglichen und kreativen Lösungen.
 
Bus und Bahn frei
Bleiben wir bei den öffentlichen Verkehrsmitteln: Jetzt endlich in die Diskussion geraten ist die alte PIRATEN-Idee zum fahrscheinlosen ÖPNV [7] : Damit würden wir für einen großen Teil von Menschen die Mobilität in der gesamten Region Hannover ermöglichen – auch am E-Damm. In Folge würden dadurch mehr Menschen das Angebot nutzen und ihre Autos stehen lassen oder von einem Neukauf sogar absehen – und damit die Parkplatzsituation vor Ort entspannen. Das ermöglicht neue Gestaltungsmöglichkeiten im Viertel und trägt zum Klimaschutz bei. Und dass der fahrscheinfreie ÖPNV möglich ist, haben wir bereits vor kurzem berichtet.[8]
 
Aber fahrscheinfreier ÖPNV kann nicht die alleinige Lösung sein, 
 
Sharing – Teilen tut nicht weh
Unter der nicht mehr ganz neuen Share Economy können Autos von Unternehmen wie Stadtmobil oder privaten Personen über etliche Online-Dienste geliehen werden. Warum sich ein Auto hinstellen, wenn ich es eh nur zum wöchentlichen Großeinkauf oder für sehr lange Strecken benötige? Sharing ist aber auch noch etwas anderes, Stichwort Shared Space. Dabei gilt für alle Verkehrsteilnehmer, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Egal, ob sie zu Fuß, mit dem Rad oder dem Auto unterwegs sind.
 
Öffentlichkeit herstellen
PIRATEN entscheiden nicht über den Kopf von Betroffenen hinweg – sie fragen nach, beteiligen andere und stellen sich Diskussionen – auch wenn sie kontrovers werden. Also warum nicht mit den Stadtteilbewohnern Ideen und Lösungen gemeinsam erarbeiten, zum Beispiel in einem Bürgerforum oder durch eine Befragung? So können unterschiedliche Sichtweisen und Interessen vereint werden. Unser Mitglied der Regionsversammlung Adam Bruno Wolf lobte im Rahmen des Ausschusses für Umweltschutz und Grünflächen, die von der Stadtverwaltung organisierte Bürgerbeteiligung. Mit den Ergebnissen können unsere Piraten-Mandatsträger die Entscheidungen gestärkt unterstützen. [9]
 
Erfolgsmodell Tunnelbau fortsetzen
Insbesondere dort, wo wenig oberirdischer Raum zur Verfügung steht, den sich Fußgänger, Rad- und Autofahrer teilen müssen, muss der ÖPNV, insbesondere der schienengebundene, unter die Erde gebracht werden. Hier sind zu allererst die Linien 9 Richtung Empelde bis zur Haltestelle Davenstedter Straße und die 10 Richtung Ahlem bis Harenberger Straße zu nennen. Diese in die Gegenrichtung oberirdisch bis zum Hauptbahnhof zu führen, war der größte Fehler, den Politik und Verwaltung machen konnten. Das Chaos wird perfekt, wenn die Wasserstadt Limmer mit einer eigenen Linie an das Straßenbahnnetz angebunden werden sollte. Dieses Thema weiter auszuführen würde jedoch den Rahmen sprengen, darauf wird an andere Stelle eingegangen werden. Jedoch ist eines ganz klar: In diesen Bereichen würde der zur Verfügung stehende Raum für Radfahrer und Fußgänger wesentlich erweitert werden können.
 
Konsequenzen für den E-Damm
 
Mitgestalten statt verwalten 
Unter aktuellen Gegebenheiten kann die Nutzung des öffentlichen Raums vollkommen neu gedacht und überplant werden. Das Mobilitätskonzept wäre unter Einbeziehung der Anwohner und Akteure auf die örtlichen Gegebenheiten anzupassen.
 
Der E-Damm ist bereits bis zur Kopernikusstraße untertunnelt. Hier ist durchaus noch eine Weiterführung bis weit nach Hainholz möglich und angesagt mit einem Abzweig an der Strangriede für die Linie 11 zur Haltenhoffstraße, die auch sehr eng ist..
 
Reine Fußgängerzonen, die auch keine Nutzung für den Radverkehr ermöglichen und die Parkraumsituation noch weiter verschärfen sind keine akzeptable Lösung. Auch der zunehmende Lieferverkehr, insbesondere an den Privatbezieher durch den zunehmenden Onlinehandel, muss Berücksichtigung finden. Ganz abgesehen von den hiesigen kleinen Einzelhandelsgeschäften, die aufgrund der Lieferungen, die zu den in Fußgängerzonen der Innenstadt üblichen Anlieferzeiten erst nach den dortigen Händlern beliefert werden können.
 
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 Vernetzung hilft
Wir müssen anfangen, unsere Nachbarschaft besser zu “vernetzen”. Zum Beispiel mittels Teilen von freiem Internet mit den Nachbarn durch Freifunk, was neben dem barrierefreieren Zugang zur Sharing-Angeboten und überhaupt dem Zugang zum Netz auch zur Integration der geflüchteten Menschen im Unterkunft Kopernikusstraße beitragen könnte. Die Genossenschaft Bier “30167 – Nordstadt braut!” gemeinsam aktiv unterstützen oder junge Unternehmen oder Startup-Gründer im Hafen fördern, Hausaufgaben/Studienhilfen für Schüler und Studenten verbinden, unsere Kioskkultur erhalten oder unsere Stadtteilfeste gemeinsame organisieren. Meine Nachbarn und ich haben viele Möglichkeiten unseren E-Damm aufzuwerten – mit oder ohne die Politikvertreter der Stadt Hannover. Das alles hat zwar nichts mit Mobilität zu tun. Aber Mobilität allein ist auch nicht Alles. In einer Welt, in der nun mal alles mit allem zusammenhängt, kann man nur die wenigsten Probleme isoliert betrachten.
 
Zum Glück sind die obengenannte Punkte auch meine Ziele mit der Piratenpartei, schwierige Fragen oder Probleme zu lösen, ohne dabei den Blick für alle Menschen zu verlieren – auch zu denen, die eine andere Sicht der Dinge oder auf Dinge haben. Hier sollen genau diese zusammengebracht werden und sich konstruktiv mit dem Vor-Ort-Thema auseinander zu setzen. 
 
Dann kann ich demnächst meinen Kindern einen Kugel Eis bei EIS 2000 kaufen, meine Nachbarn vorstellen und über die Straßen flanieren. Auf den Straßen, auf denen für alle Verkehrsteilnehmer die gleichen Rechte und Pflichten gelten. Und dann wären alle angehalten, aufmerksam, vorausschauend und rücksichtsvoll zu agieren. Etwas, was in der heutigen Gesellschaft viel zu selten passiert. Und vielleicht ist das schon alles, was passieren muss.
 
Quellen:
[7] Smartgerechte Verkehrswende bis 2025 http://www.fahrscheinfrei.de/

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